Alpines Sportklettern – Aus der Halle durch die Wand auf den Berg

Eine ganz eigene Art einen Berg zu erfahren, ist das Klettern*. Meistens geht es dabei gar nicht um einen Gipfel, sondern rein um das Erlebnis mitten in einer Wand zu sein mit sehr viel „Luft nach unten“. Durch die Vielzahl an Kletterarten, ist es schwierig eine Definition zu finden. Am besten man geht anfangs in die Kletterhalle, um Grundzüge, Seiltechnik und Stürze zu trainieren und zu wissen bei welchem Schwierigkeitsgrad das persönliche Niveau liegt. Möchte man draußen klettern, sieht die Sache mitunter komplett anders aus: Sicherungsabstände können selbst im Klettergarten beachtliche Weiten erreichen,so sollte man vorsichtshalber zwei volle Grade unter seinem Hallenniveau im Klettergarten beginnen und sich dann erst steigern. Klettern am Fels wird meist schwieriger empfunden und wenn man sich als nächsten Schritt in eine Mehrseillänge-Sportklettertour begibt, gibt es auch nicht immer einen leichten Weg zurück. Da für uns erst hier der Klettersport am Berg beginnt, ein paar Hinweise um eine gute Wahl für eine Mehrseillängn-Sportklettertour zu finden:

  • Die Klettertour kann in verschiedenen Graden angegeben sein – daher immer genau darauf achten! Meistens wird in unseren Regionen (DACH) die UIAA (mit + und -) oder die französische Skala (mit a, b, c) angewendet (Achtung: Eine 5c ist bereits eine 6). Bei der französischen Skala spricht man von Sportkletterrouten (in Bezug auf die Absicherung), UIAA bewertete Touren haben meist alpineren Charakter.
  • Man sollte vor allem anfangs immer darauf achten, wie die Tour abgesichert ist. Entweder steht etwas von einer „Plaisir-Route“, es steht eine Bewertung wie E1 (Ernsthaftigkeitsbewertung einer Tour – E1 bedeutet perfekt abgesichert mit Bohrhaken), oder man achtet auf den Text indem darauf hingewiesen wird, dass die Tour wie beim Sportklettern abgesichert ist. Ist von weiteren Sicherungsabständen die Rede, können hier bis zu 10m und mehr gemeint sein. In Kombination mit einer Empfehlung für die Mitnahme mobiler Sicherungen handelt es sich hierbei allerdings nicht mehr um eine alpine Sportkletterroute sondern um Alpinklettern im klassischen Sinne. Für Einsteiger gilt hier: Hände Weg von dieser Route!
  • Der Zustieg kann aus einer einfachen Kletterei schnell eine mühsame Angelegenheit machen. Daher sollte dieser spezielle Beachtung finden und immer zur Gesamttour mitgezählt werden.
  • Auch der Abstieg ist ebenso entscheidend – ein einfacher Ausstieg von der Tour mit normalem Abstieg ohne Abseilen („Top-Out“) kann meistens auch bei langen Klettertouren in einer Stunde bewältigt werden (dafür muss man einen größeren Rucksack mit den normalen Schuhen durch die Wand mitnehmen – Siehe Rucksackpackliste für „Top-Out“) . Muss man abseilen kann es durchaus sein, dass man hinunter genauso lang braucht wie hinauf – Kletterzeit mal zwei!
  • Die Länge der Tour ergibt sich aus den oben genannten Faktoren. Oft ist die Zeitangabe bei den sehr gut abgesicherten Touren auch angegeben. Dabei muss man dann noch den Zustieg, den Abstieg und das Umziehen hinzuzählen. Gerade anfangs sollte man sich auch noch Puffer für die Manöver einplanen die anfangs noch nicht so schnell ablaufen und diverse Versteiger einplanen (die durchaus sehr viel Zeit kosten).
  • Es ist auf die Angaben für Gesamtwegstrecken zu achten. Ist die Tour geteilt in mehrere Abschnitte welche über leichteres Gelände verbunden sind, kann sich die zu kletternde Länge gut und gerne verdoppeln.

*Von Klettern spricht man im Grunde dann, wenn das Gelände so steil ist, dass man sich nicht ohne Hände fortbewegen kann. Um einen Absturz zu verhindern wird spezielle Ausrüstung verwendet (siehe Rucksackpackliste für Abseiltour und Top-Out).

Seil- und Sicherungstechnik

Allgemeines zum Thema Seiltechnik haben wir dir in unserem Artikel #7 Seiltechnik zusammengestellt. Für das Alpinklettern sind folgende Themen wichtig:

  • Knotentechnik
    Mastwurf, Halbmastwurf, Prusik, Achterknoten – wenn du diese 4 Knoten blind beherrscht und die beiden ersten mit einer Hand in den Karabiner legen kannst, bist du bereit für die ersten alpinen Touren.
  • Standplatzbau und Seilschaftsablauf
    Unter Standplatzbau versteht man das Aufbauen eines stabilen Sicherungspunktes an einer Felswand welcher Stürze durch das Ableiten der Energie vom Seil in den Fels hält und das Abstürzen der Seilschaft verhindert. Auf den meisten Alpinkletterrouten und auf allen alpinen Sportklettertouren sind die Standplätze mit 2 Haken ausgestattet. Diese Haken sind mit einer Schlinge oder für Experten mit dem Kletterseil zu verbinden. Wie dies genau aussieht, muss in einem Kurs gelernt und angewendet werden. Es empfiehlt sich in einem solchen Kurs auch den Ablauf in einer Seilschaft zu üben, da es durch das lange Seil und meist beengte Platzverhältnisse in den Touren zu unübersichtlichen Situationen kommen kann. Seilchaos und Unklarheiten über Ablauf und Verantwortung können dabei zu falschen Handgriffen führen.
  • Vorstiegssicherung
    Die Sicherung des Vorsteigers durch den Seilzweiten ist die verantwortungsvollste Aufgabe in einer Seilschaft. Nur durch einen hellwachen und geistig überlegenen Sicherungspartner kann der Vorsteiger seine Kletterleistungen voll entfalten. Zu straffe Seilführung oder die Unsicherheit ob man gehalten wird, schränken das Kletterkönnen massiv ein. Der Seilzweite muss dabei eine gute Mischung aus „Seilausgeben“ und „Schlappseil vermeiden“ finden. Auf alpinen Sportklettertouren empfiehlt sich meist die Körpersicherung über einen „Dummy-Runner“ diese Strategie wird ebenfalls in einem Lehrkurs gezeigt und sollte dort trainiert werden.
  • Abseilen/Ablassen
    Auch wenn es sich nicht dezitiert um eine Tour mit Abstieg durch Abseilen handelt, so kann es trotzdem zur Notwendigkeit des Abseilens wegen Schlechtwetter oder Überforderung kommen. Da bei alpinen Sportklettertouren mit zwei Halbseilen geklettert wird, ist hier sowohl das Handling als auch die richtige Sicherung mit Tuber+Verlängerung und Kurzprusik in einem Kurs zu erlernen. Die meisten Unfälle im Klettern passieren nicht in der Tour sondern beim Abseilen. Der fehlende Knoten am Ende oder das Weglassen des Kurzprusik, aber auch das riskante Parallel-Abseilen sind hier die großen Gefahrenquellen.

Vorstiegstechnik

Noch mehr als beim Sportklettern ist beim Alpinklettern eine solide Vorstiegstechnik gefragt – was man darunter versteht? Vorstieg nennt man, wenn der erste Kletterer von unten gesichert voransteigt. Dabei hängt er immer wieder eine Expresse (2Karabiner mit Schlinge verbunden) zwischen Wandhaken und Seil ein. Zwischen der zuletzt eingehängten Sicherung und dem nächsten Haken muss er frei klettern. Kommt der Vorsteiger zum Sturz, stürzt er mindestens die Seillänge bis zur nächsten Sicherung mal 2 hinunter. Dies stellt im Gegensatz zu Klettersteigen nicht unbedingt einen schweren Unfall dar sondern ist bei jedem aktiven Kletterer durchaus schon vorgekommen, sollte jedoch so gut wie möglich vermieden werden. Meist enden solche Stürze mit einem kurzen „Schock“ und der Kletterer kann sofort weiterklettern. Selten aber doch kann bei unschöner Flugbahn, Fehlern in der Sicherungskette oder unsanftem Aufprall (Felsabsatz, etc.) eine größere Verletzung die Folge sein.

Um Stürze zu verhindern, sollte der Vorsteiger gewisse Regeln beachten:

  • Stabil Klettern: Dynamische Züge und Züge ohne Idee wie man weiterkommt, sollten vermieden werden. Die Züge bis zur nächsten Sicherung sollten vorausschauend durchdacht und im Kopf vorbereitet werden. Man spricht davon, dass immer 3 der 4 Gliedmaßen eine stabile Position haben sollen und die vierte Gliedmaße die Bewegung ausführt, danach folgt erst die nächste Bewegung
  • Voraussicht: Wie bereits angeführt, sollten alle Züge bis zur nächsten Sicherung kurz analysiert werden. Wo sind Tritte, Griffe, Leisten, etc. Wie ist die Felsqualität, sind blanke Stellen zu sehen. Generell: Ist der Weiterweg klar oder gibt es Unsicherheiten. Auch wenn man immer versucht, eine Route „clean“ zu durchsteigen gibt es bei Unsicherheit doch die Möglichkeit, sich kurz an die Expresse zu hängen und zu rasten bzw. die Route zu analysieren.
  • Plan B: Ist ein Durchstieg (das überklettern aller Schwierigkeiten) nicht möglich, gibt es Alternativen. Durch die Verwendung von Trittschlingen kann man an Expressen aufsteigen. Bei fehlenden Griffen können auch Hilfshaken (Hooks, Cliffs) mit Schlingen verwendet werden. Gibt es wirklich kein weiterkommen, ist Abseilen unausweichlich. Mitten in der Route heißt das: Verlustkarabiner oder Maillon. Die günstigste Alternative, das Maillon, wird als Umlenkpunkt verwendet. nachdem dieses eingehängt und das Seil daran durchläuft, kann die Expresse gerettet werden und man kann zum Nachsteiger abgelassen werden. Sollte bereits das halbe Seil verbraucht sein, muss bis zum Nachsteiger abgeseilt werden.

 Literatur